Freitag, 20. Januar 2012

Moricho - Der Patient

meine war grün

Die letzte Woche war Ausruhen angesagt. Hannes und ich hatten die Idee auf einem Dorf grüne Chilis zu essen. Ganz frisch, roh und ungewaschen. Daraus ergaben sich Magenbeschwerden in einer Dimension, die für mich und meinen Magen etwas erfrischend Neues waren. Und Fieber. Nach hypochondrischem Googeln fand ich heraus, dass ganze 16% der Malariafälle in Indien mit Magenbeschwerden einhergehen. Das schreibt das Deutsche Tropeninstitut, bei dem ich mich vor der Reise noch habe durchimpfen lassen. Meine schönste Sitzung beinhaltete sechs Spritzen in meinen Armen, eine nach der anderen.
Ich dachte mir, ich mache lieber einen Malariatest. Besser ist das. Also gings ab ins nahegelegene Krankenhaus. Es ist ein ziemlich kleines Krankenhaus. Dort arbeiten zwei Schwestern und ein Arzt. Doch Patienten kommen selten. Ich bekam das ganze Komplettprogramm. Und alle Schwestern.

Ich war der Patient. Ich war am Tropf, bekam Tee für Diabetiker und Salzkekse für Diabeter, die nach Grossini schmeckten. Und ich bekam Spritzen. Zwei an der Zahl. Ein lustiger Besuch, mein erstes Mal Tropf, und für die Schwestern eine Abwechslung. Wir haben sie ein paar Tage später noch einmal besucht. Sie haben im Monat ganze 50 Patienten. Die lassen sich so selten blicken, diese Patienten, dass es ein Patient schon in das geteilte Fotoalbum der Schwestern geschafft hat, indem sonst nur ihre Brüder, Schwestern, weitere Verwandte, sowie Freunde, die sie als Verwandte bezeichnen, Platz finden.

Wieder fit, ging es mit dem Befragen für die Kindernothilfe weiter. Es ist immer wieder interessant, in die Dörfer zu fahren. Hier ist es so anders, dass ich manche Dinge erst jetzt registriere, obwohl ich sie schon viele Male gesehen habe. Zum Beispiel wie die Frauen hier am Bau arbeiten, dass dort überhaupt Damen arbeiten, und dass sie dabei deutlich zahlreicher sind, als die Herren, die, wenn dann, neben und nicht in oder auf der Baustelle stehen.
Die Frauen leisten ihre Lohnarbeit auf dem Bau in vollster Montur. Sie tragen ihre wunderbar bunten Saris, ihre Bangals, ihre Ketten.

Ein Mal kamen wir in einem Dorf an, in dem gerade eine ältere Dame gestorben war. Das Dorf wartete darauf, dass der Sohn der Dame zurückkehrte, er wusste noch nichts von ihrem Tod.
Suna, ein wida-Mitarbeiter, erzählte mir, wie man in seinem Heimatdorf mit dem Tod umgeht. Wenn die Person vor dem Frühstück/Mittagessen/Abendessen verstirbt, wartet die Familie bis nach dem Essen ab, bis sie den Tod der Person bekannt gibt. Geweint werden sollte auch erst danach. Wenn man schon vorher weint, oder schon vorher die Nachricht des Todes weiterträgt, könnte man nicht mehr essen und das Gericht wäre verschwendet.

Chili heißt auf Oriya Moricho.

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